Wie funktioniert die Faltung von Proteinen?
Was tun Proteine? Sie geben den Zellen im Körper Halt und Form, steuern chemische Reaktionen und senden Signale. Damit die Eiweißstränge ihre Funktion erfüllen können, müssen sie durch Faltung in ihre verwickelte Form finden. Faltet sich dabei ein Strang falsch, funktioniert das ganze Protein nicht mehr. Deshalb gibt es Faltungshelfer, sogenannte Chaperone (Englisch für „Anstandsdamen“). Diese sorgen dafür, dass unfertige Faltungszwischenstufen nicht mit anderen Proteinvorstufen verklumpen, sondern in die gewünschte Form finden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Einfluss und Verhalten eines Chaperons erarbeitete Biologin Dr. Kristina Döring in ihrer Dissertation „The nascent interactome of the yeast chaperone Ssb and its interplay with other ribosome-associated chaperones“. Eine wichtige Grundlage für die weitere Forschung. Denn fehlgefaltete Proteine verursachen eine Reihe von Erkrankungen von Krebs über Diabetes bis hin zu neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson. Diese Erkrankungen in Zukunft durch neue Medikamente und Anwendungen in der Medizintechnik zu verhindern, ist eine wichtige Aufgabe. Deshalb erhält die 32-jährige Nachwuchswissenschaftlerin den Karl-Freudenberg-Preis der Freudenberg Gruppe, der zum 30. Mal verliehen wird.
Der Preis wird morgen im Rahmen der Jahresfeier der Heidelberger Akademie der Wissenschaften verliehen. „Neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Forschung sind die Grundlage für technologische Innovationen der Zukunft“, so Dr. Luis Lorenzo, Leiter Freudenberg Technology Innovation bei Freudenberg. „Die Freudenberg Gruppe als innovatives und global tätiges Technologieunternehmen fördert deshalb Nachwuchswissenschaftler und freut sich über so herausragende Erkenntnisse wie die von Dr. Döring.“
Morgens im Labor am Zentrum für Molekulare Biologie in Heidelberg Zellen hochziehen, Ribonukleinsäure extrahieren und später Daten und Messergebnisse am Computer auswerten – so sah ein typischer Arbeitstag der Nachwuchswissenschaftlerin, die vier Jahre im Team von Professor Bernd Bukau an ihrem Dissertationsthema arbeitete, aus. „Die Arbeit in der Forschung ist ein ständiges Auf und Ab. Die Analysen waren oft nicht einfach, viele Experimente hatten kein klares Ergebnis. Aber dann gibt es auch tolle Momente, in denen man unerwartete Entdeckungen macht. Zum Beispiel, dass die Proteinsynthese und die Funktion der Chaperone synchronisiert sind, um die maximale Effizienz und Präzision in der Herstellung funktionsfähiger Proteine sicherzustellen“, so Döring. „Grundlegende Fragestellungen faszinieren mich. Ich will im Detail verstehen, wie alles zusammenhängt. Schon als Kind habe ich gerne durch Mikroskope geschaut und war sehr neugierig.“
Aktuell arbeitet die Wissenschaftlerin seit neun Monaten als Leiterin der Sequenzierung am Lehrstuhl für molekulare Infektionsbiologie der Universität Würzburg. „Wir sind eine Serviceeinheit der Universität und des Universitätsklinikums Würzburg und arbeiten eng mit den verschiedensten Forschungsgruppen zusammen. Dabei bekommt man einen Einblick in unterschiedliche Forschungsgebiete, das ist sehr spannend.“ Zum Ausgleich für die Arbeit im Labor, fährt Döring gern Inliner oder tanzt Salsa. An den Moment, als sie von dem Preis erfahren hat, kann sich Döring noch gut erinnern: „Den Preis tatsächlich zu erhalten, damit habe ich nicht gerechnet. Die Auszeichnung ist eine tolle Anerkennung für meine Arbeit.“
Der Karl-Freudenberg-Preis wurde 1986 zum 100. Geburtstag von Karl Freudenberg von der Freudenberg Gruppe zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Baden-Württemberg gestiftet. Prämiert werden wissenschaftliche Arbeiten aus dem Bereich der Naturwissenschaften. Nominierungen und das umfassende Auswahlverfahren übernehmen die Mitglieder der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Landesakademie der Wissenschaften von Baden-Württemberg sowie Hochschullehrer und Institutsleiter in Heidelberg.