Der ehemalige Sprecher der Unternehmensleitung, persönlich haftende Gesellschafter und Vorsitzende des Gesellschafterausschusses der Freudenberg & Co. Kommanditgesellschaft, Dr. Reinhart Freudenberg, ist am 3. Juni 2017 im Alter von 84 Jahren verstorben. Er hat nach seinem Eintritt im Jahre 1961 bis 2005 maßgeblich die Geschicke des Familienunternehmens mitgestaltet. Von 1972 bis 1997 war er Mitglied der Unternehmensleitung, seit 1988 deren Sprecher. Anschließend war er bis 2005 Vorsitzender des Gesellschafterausschusses.
Nach seinem Jura-Studium und seiner Promotion sowie wissen-schaftlicher Arbeit am Max-Planck-Institut in Heidelberg und praktischer Erfahrung als Rechtsanwalt trat Reinhart Freudenberg 1961 in das von seinem Urgroßvater Carl Johann Freudenberg gegründete Familienunternehmen Freudenberg ein. Nach einer einjährigen Einführung in das Ledergeschäft leitete er von 1962 bis 1969 zuerst eine Gerberei in Mexiko. Zurück in Deutschland übernahm er die Verantwortung für das Vliesstoff-Geschäft. 1972 wurde er zum Mitglied der Unternehmensleitung und zum persönlich haftenden Gesellschafter bestellt.
1988 übernahm er die Aufgabe des Sprechers der Unternehmensleitung in Nachfolge seines Bruders Hermann. Unter seiner Führung wurde die organisatorische Restrukturierung des Unter-nehmens zur Unternehmensgruppe, mit ihrer dezentralen Holdingstruktur, vorangetrieben und umgesetzt.
1997 schied Reinhart Freudenberg aus Altersgründen aus der Unternehmensleitung aus, trat in den Gesellschafterausschuss ein und wurde zu dessen Vorsitzenden gewählt. Dieses Amt hatte er bis zum Erreichen der Altersgrenze im Jahre 2005 inne.
Reinhart Freudenberg war das bislang letzte Familienmitglied, das als Sprecher der Unternehmensleitung die Gesamtverantwortung für das Unternehmen innehatte.
„Mit seiner strategischen Weitsicht hat Reinhart Freudenberg das Unternehmen in eine kundenorientierte und eng an die jeweiligen Märkte agierende Unternehmensgruppe umgestaltet und damit die Voraussetzungen für den heutigen Erfolg gelegt“, sagt Dr. Mohsen Sohi, Sprecher des Vorstands der Freudenberg SE und der Unternehmensleitung der Freudenberg & Co. KG."
Unter Reinhart Freudenbergs Führung wurde Mitte der 1990er-Jahre das Unternehmen von einer Stammhaus geprägten in eine eigenverantwortliche Geschäftsgruppen-Organisationsform weiterentwickelt. Diese enge Ausrichtung auf die Märkte mit klarer unternehmerischer Verantwortung ermöglicht dem Unternehmen bis heute, sich flexibel und schnell auf Veränderungen einzustellen und sich im globalen Wettbewerb erfolgreich zu behaupten. Reinhart Freudenbergs diplomatische Fähigkeiten waren Grundlage für den Ausbau des Nordamerika- und des Asien-Geschäftes.
Die heute gültigen Governance-Regeln basieren auf seiner Initiative. Mit seinem analytischen Verstand legte er die Basis für das Regelwerk mit familienfremden Unternehmensleitungsmitgliedern. Als Konsequenz daraus übergab er seine Sprecherrolle in der Unternehmensleitung erstmals an ein Nicht-Familienmitglied.
Soziales Engagement war ihm ein großes Anliegen. Er unterstützte vielfältige Aktivitäten und gründete zudem 1990 die Unterstützungskasse für in Not geratene Mitarbeiter.
Von 1984 bis zuletzt gestaltete er die Geschichte der Freudenberg Stiftung in hohem Maße.
In seine vielfältigen Ehrenämter brachte sich Reinhart Freudenberg mit sehr viel Engagement ein, unter anderem im Kuratorium des Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG), Bonn, als Mitglied des Vorstands des Landesverbands der Baden-Württembergischen Industrie, Stuttgart, als Stiftungsrats-Mitglied der Friedrich-Wilhelm-Euler-Stiftung und der Internationalen Martin-Buber-Stiftung. Zudem war er Vorsitzender des Aufsichtsrates der Mannheimer AG Holding und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates Wilhelm Werhahn sowie Trustee der Bernard van Leer Foundation, Den Haag, und des The van Leer Jerusalem Institute.
Das Unternehmen und die Familie verlieren mit Reinhart Freudenberg eine prägende Unternehmerpersönlichkeit, die es mit außergewöhnlichen analytischen Fähigkeiten verstand, Sachverhalte auf den Punkt zu bringen und damit Effizienz bei gleichzeitiger Integration der Gesprächspartner zu fördern. Sie sind ihm zu größtem Dank verpflichtet. Seine Bescheidenheit und sein unerschütterlicher Wertebezug waren und sind der Familie wie auch dem Unternehmen Vorbild und Ansporn.