Klima und Kosten im Blick
Fliegt man von Berlin in Richtung Nordwesten und schaut kurz nach dem Start aus dem Flugzeugfenster, blickt man hinab auf eine blaue Fläche. Glitzernd wie ein See, eingebettet in die Landschaft. Beim zweiten Hinsehen wird klar, dass es keines der vielen Gewässer der Region ist – sondern knapp 420.000 Solarmodule, die zwar in der Sonne glänzen, das Licht jedoch nicht wie die Oberfläche eines Sees reflektieren. Im Gegenteil: Sie nehmen es auf und wandeln es in elektrische Energie um. In sogenannten grünen Strom, den auch Freudenberg nutzt, um seinem Ziel der Klimaneutralität näher zu kommen.
Der Photovoltaik-Park im mecklenburgischen Tramm-Göthen ging im Frühjahr 2022 ans Netz und ist bis dato der größte in Deutschland. Auf einer Fläche, die 347 Fußballfeldern entspricht, werden künftig jährlich rund 172 Megawatt Strom erzeugt. Die Finanzierung dieses Großprojekts ermöglichte die Zusage von Freudenberg und dem Autobauer Volkswagen, den gesamten erzeugten Strom in den kommenden zehn Jahren abzunehmen. „Wenn solche Vorhaben von finanzstarken Unternehmen wie uns oder VW über zehn Jahre abgesichert sind, kann der Betreiber gute Kreditkonditionen für den Bau erzielen“, sagt Martin Skrobisch, Leiter des Stromeinkaufs für die Freudenberg-Gruppe.

Ein Bautagebuch gibt Interessierten Einblicke in die Realisierung des Megaprojekts. (Foto: Volkswagen)
Antworten auf Klima- und Energiekrise
Skrobisch, der seit über zehn Jahren für Freudenberg tätig ist, kennt sich aus mit Strom. Sein Wissen ist besonders wertvoll in diesen Zeiten, in denen gestiegene Stromkosten das Leben in allen Bereichen teurer machen – und in denen die Klimakrise die große gesellschaftliche Herausforderung ist. Zeiten, in denen grüne Energie als Wunderwaffe gegen den Klimawandel gilt und zugleich als Technologie, die unabhängig von Öl und Gas macht. Anders gesagt: Antworten auf Klima- und Energiekrise liefert.
2020 hat Skrobisch die Leitung des internen Projekts „Purchase Green Energy“ übernommen. Dessen Ziel ist es – wie der Name schon sagt – den Anteil an Grünstrom im Freudenberg Energiemix zu erhöhen, im besten Fall auf 100 Prozent. Aktuell liegt der Anteil noch weit darunter, bei 21 Prozent weltweit. Die Tendenz ist jedoch stetig steigend. Dabei sind sogenannte „Power Purchase Agreements“, kurz PPAs – wie der Vertrag mit dem Stromvermarkter RWE über die Stromabnahme aus Tramm-Göthen – das Werkzeug der Wahl. Fünf Prozent des weltweiten Energiebedarfs deckt Freudenberg bereits mit Grünstrom aus PPAs. Um die Standorte der Unternehmensgruppe zuverlässig und langfristig mit grünem Strom zu versorgen, haben Skrobisch und sein Team kontinuierlich den weltweiten Strommarkt im Blick. Sie gleichen die Bedarfe der Freudenberg-Standorte mit interessanten Bauvorhaben für Sonnen-, Wind-, und Wasserkraft-Projekten ab.
Die Nachfrage nach grünem Strom, insbesondere in Europa und Amerika, aber zunehmend auch in anderen Teilen der Welt, übersteige das Angebot bei Weitem, so Skrobisch. Wenn sich ein interessantes Projekt bietet, heiße es also zugreifen. „Wer grün sein will muss schnell sein“, so Skrobisch. Das lohne sich doppelt, sagt er und führt aus: „Wir haben Kostenvorteile, da sich der Strompreis mehr an den Erzeugungskosten und nicht an den stark gestiegenen Marktpreisen orientiert. Zudem ist der Strompreis über die reguläre Vertragslaufzeit von zehn Jahren festgeschrieben und unterliegt nicht den Strommarkt-typischen Schwankungen.“ Die Kostenersparnis der bislang abgeschlossenen PPAs beziffert Skrobisch auf 40 Millionen Euro. Der andere Vorteil wiege noch mehr, sagt Skrobisch: „Wir nehmen Klimaschutz ernst. Mit PPAs können wir unsere Klimaschutzziele erreichen und tragen zudem zur Dekarbonisierung der Industrie und zum Ausbau erneuerbarer Energien im Allgemeinen bei.“